Von der Fastenzeit zur Karwoche bis hin zum großen Osterfest
Mit dem Aschermittwoch beginnt der Osterfestkreis, besser bekannt unter Fastenzeit oder österliche Bußzeit. Am Aschermittwoch verzichtet man traditionell auf Fleischspeisen und in den Kirchen wird den Gläubigen Asche auf das Haupt gestreut, als äußeres Zeichen der Vergänglichkeit – „Mensch bedenke, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“. In vielen Kirchen Tirols werden die Hochaltäre mit Fastentücher verhängt. Je nach Region sind diese schlicht in der Farbe violett gehalten oder mit zahlreichen Bildern aus dem neuen und alten Testament. In den vergangenen Jahren erlebten diese Fastentücher wieder eine Renaissance und wurden teils aufwändig renoviert bzw. neue Tücher entstanden. Fastentücher findet man unter anderem in der Innsbrucker Servitenkirche, im Dom St. Jakob sowie in der Spitalskirche, in Trins, in der Klosterkirche von Zams, in Lienz oder Nassereith.



Ein Kleinod in Tirol – Die Moritzenkapelle in Telfs
St. Moritzen mit dem Moritzen-Kirchlein, der Heilig-Grab-Kapelle und dem Kalvarienberg ist ein einzigartiges, landschaftlich wunderschön gelegenes Ensemble im Westen von Telfs und seit Generationen ein beliebtes Ziel für Spaziergänger. Zur Fastenzeit gibt es dort eine besondere Attraktion: In der Grabeskapelle „gehen die Mandln um“, wie die Telfer sagen. Eine mehr als 100 Jahre alte mechanische Krippe, die das Passionsgeschehen wiedergibt, fasziniert und berührt Jung wie Alt. Die „Mandln“ sind jeden Sonntag in der Fastenzeit sowie am Karfreitag von 13 bis 17 Uhr in Betrieb. In dieser Zeit ist auch das Moritzen-Kirchlein geöffnet. St. Moritzen kann zu Fuß auf verschiedenen Wegen bequem in etwa 20 Minuten erreicht werden. So von der Wendelinus-Kapelle am Ende der Vinzenz-Gredler-Straße oder vom Hanffeldweg (Gießerei Krismer) aus.
Weitere Bräuche in der Fastenzeit
Bekannt ist auch die alte Fastenkrippe in Götzens, welche vom Aschermittwoch bis zum Karsamstag in der Pfarrkirche besichtigt werden, kann. Diese Krippe besitzt 250 Figuren sowie 35 Szenen rund um den Tod und die Auferstehung Jesu. Eine große Fastenkrippe findet man unteranderem im Krippenmuseum von Imst. Weitere Fastenkrippen kann man in Wörgl, in der Pfarrkirche Zirl, am Kalvarienberg in Arzl und in der Romedikirche von Thaur besichtigen. Aber auch in zahlreichen Tiroler Haushalten findet man Fastenkrippen oder kleine Nachbauten von Ostergräbern. Heuer (2025) gibt es zudem eine große Ausstellung an Fastenkrippen im Kloster Wilten, welche besonders zu empfehlen ist.
In den Kirchen wird in der Fastenzeit gerne der Kreuzweg mit seinen 14 Stationen gebetet. Dieser kann innerhalb der Kirche bzw. einer Kapelle stattfinden oder im Freien bei den zahlreichen Kalvarienbergen im gesamten Land. Bei der Wallfahrtskirche in Dormitz, befinden sich die Kreuzwegstationen nicht in der Kirche sondern außerhalb der Kirchmauern. Dort wird jeden Sonntag, um 14:00 Uhr ein Kreuzweg gebetet. Als Fastenspeisen werden gerne Fische oder verschiedenste fleischlose Suppen zubereitet.
Die Karwoche – eine besondere Woche
Die Karwoche auch Heilige Woche beginnt dann mit dem Palmsonntag. Im gesamten Land finden prächtige Prozessionen statt und erinnern an den Einzug Jesu in Jerusalem. Die Mädchen nehmen mit ihren bunten Sträußen teil und die Burschen mit ihren „Palmstangen“ oder „Palmlatten“. In Imst sind die „Palmlatten“ besonders hoch und es gibt einen regelrechten Wettkampf. In Thaur gibt es nachmittags sogar eine Prozession mit einem Palmesel. Dabei wird eine Figur aus Holz mitgezogen die Jesus auf einen Esel reitend darstellt. Diese Prozession ist besonders sehenswert. Aber auch in benachbarten Städtchen Hall findet man einen geschnitzten Palmesel. Nichtwegzudenken sind am Palmsonntag auch die „Palmbrezen“, welche nach dem Gottesdienst bzw. zur Nachmittagsjause vernascht werden.

Fester Bestandteil der Karwoche sind die Heiligen Gräber. Seit Kindertagen verzaubern die bunten mit Wasser gefüllten Kugeln Jung und Alt und erzeugen eine ganz besondere Stimmung. Im Alpenraum, aber ganz besonders in Nord-, Süd- und Osttirol, kennt man das Heilige bzw. Ostergrab in ganz einer besonderen Form in unseren Kirchen und Kapellen, aber auch im eigenen Haus. Die Tradition ist heute lebendiger denn je und gehört fest zum kirchlichen, aber auch gesellschaftlichen Brauchtum im Jahresablauf. Viele dieser Gräber besitzen verschiedenste Szenen vom Abendmahl, über die Todesangst am Ölberg, die Geißelung und Kreuzigung, dann natürlich die Grablegung und als Höhepunkt die Auferstehung des Herrn, als wahrer Triumpf des Lebens – augenscheinlicher kann das Osterwunder wohl kaum dargestellt werden. Die Ostergräber sind meist in der Karwoche, besonders aber an den eigentlichen Kartagen von Gründonnerstag bis zum Karsamstag, aufgestellt und laden zur Betrachtung und stillen Gebet ein. Örtlich sind diese aber auch in der Osterwoche noch aufgestellt.
Die prächtigsten und aufwendigsten Ostergräber findet man in: Innervillgraten, St. Johann, Patsch, Schönberg, Reutte, Nauders, Mutters, Schwaz, Längenfeld, Neustift, Fulpmes, Waidring, Rinn, Flaurling, Thaur, Ischgl, Ehrwald, Biberwier, Heiterwang und Nassereith.


In einigen Orten Tirols gibt es am Karfreitag noch eine Karfreitagsprozession. Darunter zählen Telfs, Arzl im Pitztal, Thaur und Nauders. In Nauders nimmt sogar die Musikkapelle teil und spielt Trauermärsche. Bei der erwähnten Prozession die immer um 15:00 Uhr stattfindet, wird der Leichnam Jesu durch den Ort getragen, gefolgt von einer Statue der weinenden Mutter Gottes.
Am Karfreitag sowie am Karsamstag schweigen in Tirol die Glocken. Dafür kommen an diesen Tagen die Ratschen in Gebrauch. Dies sind Holz- Instrumente, die für knarrenden Lärm sorgen. Dies Aufgabe wird gerne von Kindern übernommen. Der Karfreitag gilt wie der Aschermittwoch als strenger Fasttag. In der evangelischen Kirche ist der Karfreitag sogar der höchste Feiertag im gesamten Jahr.

In einigen Orten Tirols, vor allem im Unterland gibt es am Karsamstag den Brauch der Grabwache. Hier stehen zwei oder mehrere Schützen der jeweiligen Heimatgemeinde beim Grabe Jesu symbolisch Wache. Dazu ist auch in vielen Orten das Allerheiligste mit einem weißen Schleier als Symbol für die Trauer ausgesetzt. Am Abend des Karsamstages oder auch in den frühen Morgenstunden des Ostersonntages wird auch das Osterfeuer entzündet und geweiht und es findet die Feier der Osternacht statt. Die Osternacht ist mit Sicherheit der feierlichste Gottesdienst im gesamten Jahr und wird auch heute noch von vielen gerne besucht.
Nicht wegzudenken ist an Ostern auch die Speisenweihe. Diese findet in der Osternacht und am Ostersonntag statt. In Tirol gehören unter anderem in solch einen „Speisekorb“: Ostereier, Fleisch, Geräuchertes und natürlich auch etwas Süßes. Über den Korb kommt noch ein kunstvolles gesticktes Tuch als besondere Dekoration für den Osterkorb.
Natürlich gehört der Osterhase am Ostersonntag in Tirol fest zum Tiroler Brauchtum und erfreut zahlreiche Kinderherzen mit Vorfreude und Spannung. Am Ostersonntag gibt es in Tirol auch den Gotlpack. Natürlich zählen die Osterfeiertage neben Weihnachten zu den großen Familienfesten im Jahresablauf. In Innsbruck, Imst und Hall gibt es vor Ostern sogar einen eigenen Ostermarkt mit vielen Dekoartikeln und Geschenken für das Osterfest. Nichtwegzudenken sind in unseren Stuben und Wohnungen die Ostersträuße. Dazu werden meist Palmkätzchen, Buchs bzw. anderes Grünzeug verwendet und in eine Vase gegeben. Der Strauß wir dann mit bunten Eiern geschmückt. Das Ei gilt seit Jahrhunderten als Symbol des Lebens.
In den Orten Absam und Arzl bei Innsbruck findet am Ostermontag eine feierliche Prozession mit Musikkapelle, Schützen und zahlreichen weiteren Vereine statt. Dabei wird wie an Fronleichnam oder Herz Jesu das Allerheiligste unter einem Himmel (Baldachin) durch den Ort getragen. Der Sonntag nach Ostern wird in Tirol der Weiße Sonntag genannt und ist in vielen Gemeinden Termin für die Erstkommunion. In Virgen bzw. Prägarten in Osttirol kennt man am Vortag des Weißen Sonntages die Widder Prozession. Bei dieser Prozession wird ein weißer Widder, welcher mit Blumen und Bändern geschmückt ist, mitgeführt.
Die Osterzeit endet aber nicht mit dem Ostermontag bzw. dem Weißen Sonntag, sondern erst mit dem Pfingstfest. Zu den österlichen Feiertagen gehören noch Christi Himmelfahrt und Pfingsten, aber auch das Fronleichnamsfest außerhalb der Osterzeit welches im eigentlichen Sinne an den Gründonnerstag erinnert – darum wird es auch immer an einem Donnerstag gefeiert.
